Betroffene Fälle – „wie materielles Wirtschaftsgut“
Häufig übt ein Ehegatte seine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit in einem Gebäude aus, das zumindest teilweise auch im Eigentum des anderen Ehegatten steht (z.B. gemeinsames Einfamilienhaus der Ehegatten mit Rechtsanwaltskanzlei im Erdgeschoss).
Trägt der Unternehmer-Ehegatte Anschaffungs- oder Herstellungskosten für betriebliche Räume, die (auch) im Eigentum des anderen Ehegatten stehen, so gelten steuerliche Besonderheiten. Obwohl der Unternehmer-Ehegatte zivilrechtlich kein Eigentümer der Räume ist, wird für steuerliche Zwecke unterstellt, er habe die Aufwendungen für ein sog. „wie materielles Wirtschaftsgut“ geleistet. Diese Aufwendungen sind im Wege der Abschreibung geltend zu machen. Der Abschreibungssatz betrug bisher in der Praxis regelmäßig jährlich 3%.
Rechtsprechung des BFH
Bereits früher hatte der BFH entschieden, dass das steuerliche „wie materielle Wirtschaftsgut“ zwar im Betriebsvermögen ist, es jedoch nicht Träger von stillen Reserven sein kann. Bei einer späteren Veräußerung entstehen daher beim Unternehmer-Ehegatten keine stillen Reserven, die der Besteuerung unterliegen könnten. Auch beim Nicht-Unternehmer-Ehegatten war eine Besteuerung der stillen Reserven wegen Ablaufs der zehnjährigen Spekulationsfrist häufig nicht durchzuführen.
In einem aktuellen Urteil hat der BFH nun außerdem entschieden, dass das „wie materielle Wirtschaftsgut“ nicht wie bisher üblich mit 3% p.a. sondern mit lediglich 2% p.a. abgeschrieben werden darf. Außerdem hat er eine neue Bezeichnung eingeführt und spricht in diesem Zusammenhang nunmehr von einem „Aufwandsverteilungsposten“ statt einem „wie materiellen Wirtschafsgut“.
Reaktion der Finanzverwaltung
Im BMF-Schreiben vom 16.12.2016 hat sich die Finanzverwaltung der BFH-Rechtsprechung angeschlossen. Sie hat somit akzeptiert, dass im „Aufwandsverteilungsposten“ keine stillen Reserven verhaftet sein können.
Allerdings vertritt sie auch die Auffassung, dass entsprechend der bisher üblichen Praxis in der Vergangenheit zu hohe Abschreibungen (3%) geltend gemacht wurden. Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen soll daher eine Bilanzberichtigung durchzuführen sein. Dadurch würde die gesamte in der Vergangenheit überhöht vorgenommene Abschreibung in einer Summe gewinnerhöhend rückgängig gemacht. Dies kann zu erheblichen Steuerbelastungen führen.
Die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist umstritten und sollte nicht akzeptiert werden.
Nicht betroffen sind
Von der geänderten BFH-Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung nicht betroffen sind Fälle, bei denen der Unternehmer-Ehegatte die betrieblichen Räume vom anderen Ehegatten bzw. der Ehegatten-GbR mietet.
Außerdem nicht betroffen sind Fälle, bei denen der Unternehmer-Ehegatte zwar nicht zivilrechtlicher aber wirtschaftlicher Eigentümer der betrieblich genutzten Räume ist. Hierfür gelten jedoch enge Voraussetzungen.